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Jens* 05.12.2005 18:37

Urteil: Heise haftet auch ohne Kenntnis für Forenbeiträge
 
Urteil: Heise haftet auch ohne Kenntnis für Forenbeiträge

Das Hamburger Landgericht hat eine einstweilige Verfügung bestätigt, nach der es heise online verboten ist, Forenbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wird, durch den massenhaften Download eines Programms den Server-Betrieb eines Unternehmens zu stören. Der Heise Zeitschriften Verlag wird damit faktisch gezwungen, sämtliche Beiträge zu den Diskussionsforen im Vorhinein auf diesen Rechtsverstoß hin zu überprüfen. Das Urteil (Az. 324 O 721/05) dürfte gravierende Auswirkungen auf den Betrieb von Webforen und vergleichbaren Diensten haben.

Den ganzen Artikel gibts auf Heise.de

Tomek 05.12.2005 18:51

Wenn dies tatsächlich Bestand haben sollte, könnte man Foren gleich schliessen oder alle Beiträge moderieren, so dass ein Beitrag erst nach der Sichtung und Freischaltung eines Moderators öffentlich sichtbar wäre.

wurstbrot 05.12.2005 20:16

Also ehrlich gesagt halte ich das Urteil für schwachsinnig. Da war wieder mal ein Richter am Werk, der etwas zu entscheiden hatte, wovon er aber nicht viel wusste. Das will ich nicht einfach so in den Raum stellen, sondern begründen:

eine automatische Prüfung auf korrekten Inhalt ist nach dem aktuellen Stand der Forschung nicht möglich. Derzeit ist kein Computer-System der Welt in der Lage, natürlichen Text zu verstehen. Sie sind in der Lage, Muster zu erkennen und Vergleiche zu ziehen (Bereich Text-Mining). Aber das ist von einer automatischen Verarbeitung weit entfernt.

Bei der Masse an Einträgen ist eine Bearbeitung von Hand nur dadurch zu gewährleisten, in dem einige Leute dafür angestellt werden. Dazu kann ein Gericht beim besten Willen nicht verpflichten.

Sehr bedenklich halte ich die Entscheidung, da das Gericht offensichtlich das Teledienst-Gesetz nicht richtig liest. Hier heißt es nach §8, Abs.2
Zitat:

Diensteanbieter im Sinne der §§ 9 bis 11 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.
Sie sind erst nach Kenntnis dazu verpflichtet, die Inhalte zu entfernen, was indirekt in §11 Abs. 2 steht:
Zitat:

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern […] sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Ich hoffe nur, dass heise in Revision geht. Das aktuelle Gesetz ist auf jeden Fall auf ihrer Seite.

exe 05.12.2005 20:58

Zitat:

Zitat von wurstbrot
Ich hoffe nur, dass heise in Revision geht. Das aktuelle Gesetz ist auf jeden Fall auf ihrer Seite.

Zitat:

Zitat von heise.de
Der Heise Zeitschriften Verlag hat bereits angekündigt, nach der Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen.

Das Urteil ist kathastrophal. Wie wenig Sachverstand muss der Richter gehabt haben um zu diesem Schluss zu kommen? Der Anwalt von Heise hat eigentlich schon das wichtigste gesagt: eine automatische Überprüfung der Beiträge ist technisch (noch?) nicht möglich, eine manuelle Prüfung scheidet bei einem höheren Beitragsvolumen aus. Daher ist das TDG am sinnvollsten: hat ein Anbieter Kenntnis der rechtswidrigen Inhalte haftet er für sie, so er sie nicht entfernt.

Ich weiss nicht wie der Richter im aktuellen Fall sich das vorstellt. Stellen wir nun jegliche non-verbale - also irgendwo kürzer (Chat) oder länger (Foren) zwecks Abruf durch andere Teilnehmer gespeicherte - Kommunikation ein? Sollen wir nun nur noch unter der Hand flüstern da ja alles andere eine mögliche durch einen findigen Anwalt aufgedeckte Rechtsverletzung sein könnte?

Ich versteh's nicht ...

Aber ich bin mir sicher, dass das Urteil keinen Bestand haben wird. Die aktuelle Rechtssprechung spricht doch stark dafür ...

LonelyPixel 06.12.2005 18:02

Zitat:

Zitat von wurstbrot
Bei der Masse an Einträgen ist eine Bearbeitung von Hand nur dadurch zu gewährleisten, in dem einige Leute dafür angestellt werden. Dazu kann ein Gericht beim besten Willen nicht verpflichten.

Naja, dann wird das Gericht eben meinen, dass man das Forum zuzumachen habe. Ist doch nicht deren Bier, ob man da diskutieren kann oder nicht. Und der Richter geht womöglich noch bald in Rente... "Nach mir die..." ihr wisst schon...

Zitat:

Sehr bedenklich halte ich die Entscheidung, da das Gericht offensichtlich das Teledienst-Gesetz nicht richtig liest.
Das klingt für mich aber auch schon vernünftiger. Ich denke, dass das ein recht kurzer Rechtsstreit wird... (hoffe ich jedenfalls)

Daniel Richter 07.12.2005 11:32

Ein fatales Urteil deren Ausmaße man sich gar nicht dramatisch genug ausmalen kann. Schlimm ist ja, das in der Zwischenzeit bis die Revision von Heise behandelt wurde dieses Urteil Bestand hat, auch wenn es in einem ganz offensichtlichen Konflikt mit dem Teledienstgesetz steht. Man lese sich das nur mal durch (http://bundesrecht.juris.de/tdg/BJNR...01100308.html). Da muss man sich doch wirklich fragen, was in dem Richter vorgeganen ist ... ein ganz offensichtlicher Widerspruch zwischen Urteil und Gesetz.

In der Zwischenzeit heißt es für alle Foren-, Chat- oder Weblog-Betreiber mit Kommentarfunktion ganz penibel darauf aufzupassen, was die Benutzer da verbratzen. Ansonsten liegt morgen auch schon ne Abmahnung im Postkasten ...

Sehr passend finde ich den Kommentar eines ZEIT-Redakteures: „Der freien Meinungsäußerung käme ein wichtiges, weltweit sich rasant verbreitendes Medium abhanden, und der Internetwirtschaft zerbrächen etliche Geschäftsmodelle (Rezensionen bei Amazon, Nutzer-Communitys und vieles mehr).“

StGaensler 07.12.2005 16:02

Alte Schwarzmaler, alle miteinander!

In der Verhandlung wurde mehrmals ausdrücklich betont, dass das nur für diesen konkreten Fall gilt, und nicht generell auf alle Foren übertragbar ist, nicht einmal auf alle Foren von Heise.de.

Das Fazit von diesem Urteil lautet in etwa so:
Zitat:

„Wer aus gewerblichen, gewinnorientierten Gründen ein presseähnliches Produkt im Internet anbietet, den Lesern die Möglichkeit eröffnet redaktionelle Beiträge direkt zu kommentieren und aus der Erfahrung weiß, dass diese seine Leser – bei bestimmten Berichten – zu rechtswidrigen Handlungen neigen – hat eine erhöhte Haftung gegenüber dem Verletzten – Wiederholungen der Verletzungshandlungen zu vermeiden.“
(Hervorhebungen von mir; Quelle: http://www.r-archiv.de/modules.php?n...icle&sid=2164)

Deathfragger 08.12.2005 15:26

Zitat:

Zitat von StGaensler
Alte Schwarzmaler, alle miteinander!

[...]

~sign~

Außerdem kann JEDES andere Landgericht in einer ähnlichen Streitfrage - trotz diesen Urteils anders urteilen.
Also macht euch wegen sowas doch keine Gedanken, das kommt in der Revision sowieso nichtmehr durch!

exe 09.12.2005 09:35

Es ist richtig, das Urteil beschränkt sich erstmal nur auf die Heise-Newsforen. Trotzdem halte ich es für gefährlich. Es ist ein Schritt in eine Richtung die mit einer totalen Moderation von Foren, Chats und ähnlichen Medien endet.

Als erstes bezieht es sich nur auf die Heise-Newsforen, als nächstes auf allen Foren die redaktionelle Inhalte kommentieren, danach auf Foren generell usw. Salamitaktikt halt: klein Anfangen und scheibchenweise zu einem großen Ergebnis kommen.

Meiner Meinung nach sollte man erst gar nicht damit anfangen solche Präzedenzfälle zu schaffen. Eine Lüge die oft genug wiederholt wird wird zur Wahrheit und ein Urteil das oft genug gesprochen wird wird Recht ...

Deathfragger 09.12.2005 23:36

Lies dir doch mal §11 des Teledienstgesetztes durch. Da steht doch genau das Gegenteil vom Urteil drin. Das heitßt das Urteil, das für Heise gefällt wurde hat vermutlich ein Richter gesprochen, der von der ganzen Materie keine Ahnung hat.
In der Revision wird das ganze dann sowieso wieder aufgehoben und das ganze hat sich erledigt.
Ich versteh die ganze Panik-Mache hier und in anderen Foren überhaupt nicht. Das wird so auf keinen Fall durchkommen...

Lima 24.12.2005 12:43

[INFO] Heise haftet auch ohne Kenntnis für Forenbeiträge
 
*bitte löschen*

Wusste nicht das es das Thema schon gab.

Chris 01.03.2006 16:16

heise, Dolzer und die Folgen:

http://www.supernature-forum.de/vbb/...ad.php?t=55167
http://www.golem.de/0603/43695.html

Nun denke ich, dass es da absolut keine rechtliche Grundlage für die Abmahnung gibt, aber allein den Streß möchte ich nicht haben, da kommt man schon ins Nachdenken.

Man ist schnell immer dabei, wenn es über die USA und den Affen Bush etwas zu lästern gibt, wenn Google auf Menschenrechte pfeift und Zensur in China unterstützt, man sollte vielleicht mal ins eigene Land schauen, viel anders sieht es hier auch nicht aus...

C.

Björn 01.03.2006 16:55

Traurig.. Und erst gestern zeigten die einen Beitrag bei Bizz über diese Luft-Rettungs-Affen, die ja keine sind und nur abzocken. Dafür gabs nen Fass ohne Boden.

Deutschland muss endlich mal was tun. Also liebe Politiker, die immer nur etwas machen, damit sie nen stück beliebter werden, dass ist eure Chance!!

LonelyPixel 02.03.2006 18:25

Chance? Politiker? Und dann auch noch was verbessern? Nicht vor dem 3. Weltkrieg…

Chris 03.03.2006 19:33

Es gibt weitere Abmahnungen, es scheint wohl eine Massenabmahnung zu sein, es soll immer die gleiche Anwaltskanzlei im Spiel zu sein...

http://www.gulli.com/news/haftung-fu...ge-2006-03-03/

C.

Scotty 03.03.2006 19:59

Ja da kann einen nur angst und bange werden, Meinungsfreiheit ade! Unsere werten Sesselpupser ;), genannt Politiker interessiert es ja nicht, an uns Privatleuten verdienen sie ja nichts bzw. wir sind keine für sie interessante Lobby…

Andere EU Länder haben es vorgemacht, da gibt es so was nicht.

LonelyPixel 04.03.2006 16:00

Zitat:

Zitat von Scotty
Andere EU Länder haben es vorgemacht, da gibt es so was nicht.

Ja? Welche? Wie? Da will ich hin!

Scotty 04.03.2006 17:01

Welche weiß ich nicht mehr, müsst ich jetzt noch mal suchen ;) (Österreich in etwa?). Da ist es vorgeschrieben das es erst eine kostenlose Abmahnung geben muss, wo der betroffene dann genug zeit hat den jeweiligen Mangel zu beheben. Dementsprechend gibt es da nicht solche Abzocke wie bei uns. Bei uns wird doch meist nur abgemahnt um Kasse zu machen und nicht weil da wo ein Rechtsverstoß vorliegt.

Chris 07.03.2006 16:07

Das g:b hat nun Kosten in Höhe von knapp 3.000 Euro zu tragen:

http://www.gulli.com/news/euroweb-gm...ge-2006-03-06/

C.

Jens Leibiger 07.03.2006 17:43

halte ich nicht viel davon, typisch Deutschland würde ich sagen, aber anderseits wieder ok, da es klar sein sollte das man nicht schreiben solle, das gesaugt werden solle, bis der Traffic verbraucht ist...aber eigentlich logisch

TRS 14.04.2006 14:03

Jetzt wäre das ganze noch einmal schwarz auf weiß erhältlich: http://www.heise.de/newsticker/meldung/72026

Scotty 14.04.2006 16:54

Ich weiß auch nicht was ich davon halten soll, tschüs Meinungsfreiheit… Diverse Anwälte werden sich nun sicher freuen.

*kopfschüttel*

Eigentlich müssten sich doch nun alle Verlage zusammen tun, die Politik reagiert ja auch erst wenn irgendwas groß in der presse hoch kocht.

Chris 14.04.2006 16:55

Der Heise-Artikel ist meiner Meinung nach totaler Blödsinn, eigene Interessen halt, Als seriöse Quelle ist Heise für mich gestorben...

Die Urteilsbegründung im Originalwortlaut:

http://www.r-archiv.de/article2379.html

Wer mag, kann es ja mit dem Heise-Artikel vergleichen... :-D

Warum die wohl keinen Link zur Begründung gesetzt haben... ;-)

C.

Scotty 14.04.2006 17:11

Zitat:

Zitat von Chris
Der Heise-Artikel ist meiner Meinung nach totaler Blödsinn, eigene Interessen halt, Als seriöse Quelle ist Heise für mich gestorben...

Erläutere das mal bitte?

Das Heise hier natürlich auch in eigener Interesse entsprechend berichtet ist ja wohl selbstverständlich, falsch ist in dem Artikel da ja nun nichts.

Dir ist schon bewusst das ohne hin schon viele Abgemahnt wurden, weil diverse Anwälte sich auf dieses Urteil berufen haben, welches da nicht mal rechtskräftig war?

Schon mal selber die Begründung durchgelesen?

Siehe:
Zitat:

Wenn die Antragsgegnerin ein Unternehmen betreibt - und das Bereithalten von lntemetforen stellt eine solche Form untemehmerischen Betriebs dar -, das in großer Zahl Einträge über solche Foren verbreitet, muss sie ihr Unternehmen daher so einrichten, dass sie mit ihren sachlichen und personellen Ressourcen auch in der Lage ist, diesen Geschäftsbetrieb zu beherrschen.
Und wie interpretierst du diesen Absatz? Ich sehe ihn als Gefahr an...

Gerade durch dieses Urteil ist es nun noch gefährlicher, wenn man beispielsweise kein entsprechendes Impressum hat.

Chris 14.04.2006 17:44

Zitat:

Zu einer solchen Prüfung der Inhalte, die sie über ihren lntemetauftritt verbreitet, ist die Antragsgegnerin auch verpflichtet.

Denn diejenige Person, die Einrichtungen unterhält, über die Inhalte in pressemäßiger Weise verbreitet werden, muss Vorkehrungen dahingehend treffen, dass über diese Einrichtungen keine rechtswidrigen Inhalte verbreitet werden (s. z.B. BGH, Urt. V. 8. 7.1980, GRUR 1980, S. 1099 ff., 1104).
Heißt Vorab-Prüfung ja, weil Heise Inhalte in pressemäßiger Weise verbreitet. Heißt: Du und ich erst nach Kenntnisnahme.

Zitat:

...in besonderen Fallkonstellationen...
Heißt Einzelfall - damit könnte man hier eigentlich jegliche Diskussion beenden. ;-)

Zur geerblichen Seite:

Das Forum von Heise ist gewerblich, weil da ein Unternehmen hintersteht, das nun auf den privaten, kleinen Homepagebesitzer umzumünzen ist lachhaft - dazu ist aber zu sagen, dass nach deutschem Recht schon ein Banner aus einem privaten Forum ein gewerbliches Forum macht. ;-)

Wer also - aus welchen Gründen auch immer - ein Banner, etc. einsetzt, Geld verdient, und sei es nur um Serverkosten reinzuholen, betreibt ein gewerbliches Forum, und wird gesetzlich dementsprechend behandelt, aber das war schon immer so.

Die Feststellung, dass das Bereithalten von lntemetforen stellt eine solche Form untemehmerischen Betriebs dar ist explizit auf Heise gemünzt, soll heißen, die Internetforen von Heise gehören zum Geschäftsbetrieb des Verlages. Das sollte selbst beim kleinen Internetforum mit Banner nicht der Fall sein.

Ich sehe die Gefahr in diesem Urteil woanders:

Es wird mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich bei Heise um ein redaktionell gestaltetes Angebot handelt. Stellt sich die Frage: Was ist ein redaktionell gestaltetes Angebot? Muss ein Verlag, Zeitung, Zeitschrift hinter einem redaktionellem Internetauftritt stehen, oder reicht es schon, wenn man im Angebot selber von Artikeln sprechen kann, welche durch das Urheberrecht geschützt sind (eigene geistige Schöpfung muss erkennbar sein)? Hier lässt meine Meinung nach das Urteil eine entscheidene Frage offen - ab wann kann man von einem redaktionell gestaltenem Internetangebot sprechen?

Zitat:

Zitat von Urteilsbegründung
Denn eine Einschränkung der Verantwortlichkeit für denjenigen, der Äußerungen oder Angebote über das lnternet verbreitet, kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Verbreiter aufgrund der Art seines Angebots selbst Anlass zu der Annahme haben muss, dass dieses von Nutzern zu Zwecken der Verletzung von Rechten Dritter gebraucht wird

[…]

Denn die Antragsgegnerin hatte zu ihrem Beitrag, in dem sie das Verhalten der Antragsteller beanstandet hatte, ein Forum eröffnet, und aufgrund der in ihrem eigen Beitrag geübten harten Kritik an dem Verhalten der Antragsteller musste sie jedenfalls damit rechnen, dass Nutzer, die Beiträge in dieses Forum einstellen würden, dabei ,,über die Stränge schlagen” und die Gelegenheit nutzen würden, gerade an dieser Stelle, die durch die Veröffentlichung der Antragsgegnerin einen hohen Aufmerksamkeitswert genoss, zu rechtswidrigen Aktionen gegen die Antragsteller aufzurufen.

Jedenfalls dann, wenn, wie bei einer solchen Sachlage, der Verbreiter damit rechnen muss, dass das von ihm den Nutzern zur Verfügung gestellte Angebot missbraucht werden wird, muss er wirksame Vorkehrungen treffen, um einen solchen Missbrauch zu vermeiden, und solche Vorkehrungen können hier nur darin bestehen, dass die eingehenden Beiträge vor ihrer Freischaltung geprüft werden.

Übersetzt heißt das für mich: Wenn ich einen provokanten Text als Forenbetreiber in ein Forum stelle, muss ich damit rechnen, dass die User die Kommentarfunktion ausnutzen werden, d. h. ich sollte vorher auf Moderation bei den Kommentaren stellen. Wir leben in einer Zeit, in denen der Mensch, der Bürger grundsätzlich vorverurteilt wird. Kontrolle, wohin das Auge blickt - es könnte ja was passieren, Osama könnte an der nächsten Ecke stehen, ähm, ne der Bürger könnte den Staat betrügen. Diese Paranoia schlägt sich auch in dieser Passage wieder. Der Kommentator (User) wird vorverurteilt, er muss kontrolliert werden, schöne neue, heile Welt.

Der Heise-Artikel ist echt Blödsinn, warum kein Link zum Urteil, warum die Berichterstattung der letzten Monate nicht fortgeführt - Forenbetreiber haftet vor Kenntnisnahme - weils halt Blödsinn ist...

Hoffe, geholfen zu haben. :D

C.

P.S.

Zitat:

Dir ist schon bewusst das ohne hin schon viele Abgemahnt wurden, weil diverse Anwälte sich auf dieses Urteil berufen haben, welches da nicht mal rechtskräftig war?
Ach wirklich, die Abmahnungen werden sich nun in Wohlgefallen auflösen - und wenn nicht, Dr. Bahr wirds schon richten (ich weiß, ich bin Optimist)... :)

Noch ein Nachtrag:

Wer kein Impressum führt, ist eh selbst schuld - da gibt es noch kein eindeutiges Urteil, warum soll ich mich also da in Gefahr begeben, da richte ich doch lieber ein Impressum ein und fertig...

Scotty 14.04.2006 17:55

Zitat:

Zitat von Chris
Das Forum von Heise ist gewerblich, weil da ein Unternehmen hintersteht, das nun auf den privaten, kleinen Homepagebesitzer umzumünzen ist lachhaft - dazu ist aber zu sagen, dass nach deutschem Recht schon ein Banner aus einem privaten Forum ein gewerbliches Forum macht.

Ja aber siehe eben:
Zitat:

Wenn die Antragsgegnerin ein Unternehmen betreibt - und das Bereithalten von lntemetforen stellt eine solche Form untemehmerischen Betriebs dar-, das in großer Zahl Einträge über solche Foren verbreitet, muss sie ihr Unternehmen daher so einrichten, dass sie mit ihren sachlichen und personellen Ressourcen auch in der Lage ist, diesen Geschäftsbetrieb zu beherrschen.
Für mich als leihen liest sich das so, das dieses urteil aus jedem Betreiber einen gewerblichen Betreiber macht, wenn er ein Forum betreibt, dazu zählen dann vermutlich auch Gästebücher, Blogs,…

Die Nutzungsbedingungen die beispielsweise die Bordunity im Impressum hat, wären damit ja nichtig, jedenfalls nach diesem Urteil, und solche Nutzungsbedingungen hat ja fast jedes Forum, oder nicht?

Chris 14.04.2006 17:59

Nein, der Heise Zeitschriftenverlag _ist_ ein Unternehmen - und das Bereitstellen von Internetforen gehört zum unternehmerischen Betrieb des Verlages. Als Privatperson _kann_ das Internetforum nicht zum Unternehmerischen Betrieb gehören, wie auch - da gehören ja nun auch ein paar andere Sachen zu, als ein evtl. missverständlicher Satz des Landgerichts Hamburg.

C.

Scotty 14.04.2006 18:06

Zitat:

Zitat von Chris
wie auch - da gehören ja nun auch ein paar andere Sachen zu, als ein evtl. missverständlicher Satz des Landgerichts Hamburg.

Erklär das mal so einen windigen Rechtsverdreher ;), bei den Abmahnung in Deutschland ging’s ja selten ums Recht in dem sinne, sondern viel mehr ums reine abkassieren.

Na ja ich weiß nicht, mal abwarten was so passiert…

Chris 14.04.2006 18:12

Melde mal ein Gewerbe an - Du bist mehr mit Behördengängen zugange, als mit Kundenaquise - da soll nun ein Satz des Landgerichts Hamburgs (dessen Urteile des öfteren kassiert werden) der Betrieb eines Internetforums ein geschäftlicher Betrieb sein, nicht wirklich. :D

Natürlich ist die Gefahr da, dass nun wieder Rechtsanwälte genau mit dieser Argumentation abmahnen, aber davor ist man nie sicher, da wird es sicherlich auch dann irgendwann ein gegenteiliges Urteil geben.

C.

Coki 14.04.2006 19:01

Ich tue mich schwer mit dem Urteil. Für Neulinge ist es eine weitere Hürde aktiv im Netz zu werden. Schon so ist die vermeintliche Gefahr sich schnell auf Abwegen zu bewegen in meinen Augen verhältnismässig hoch. Und wenn es so weitergeht, werden wir in den Foren für Webanfänger mehr Rechts"beratung" machen müssen, als die eigentliche Hilfe, wie man ein funktionierendes Webangebot online stellten kann.

Hinweis: Natürlich in dem Sinne keine Rechtsberatung, eher Hinweise.....

Gruss,

Coki

Wulfnoth 14.04.2006 20:09

Off-Topic:
Das sehe ich leider auch so. Der deutsche Bürokratenapperat schafft es eben auch in den noch nicht zugemüllten Winkeln neue Rechtshürden zu schaffen.
Das Internet liefert nun einfach Möglichkeiten, denen anscheinend der Gesetzgeber noch nicht gewachsen ist.


Schön das die Urteiltsbegründung endlich da ist und sich nun nicht mehr alle "Abmahnanwälte" nur auf dieses Urteil stützen können.

wurstbrot 15.04.2006 12:56

Ich sehe bei dem Urteil mehrere Probleme:

1. Gewerbetreibend: Wie schon viele Urteile existieren, handelt es sich bei deiner Website dann um ein konzeptionelles Angebot, wenn du damit Geld verdienst. Dazu reichen - wie schon gesagt wurde - einfache Banner. Boardunity ist damit gewerblich. Prinzipiell könnten aber auch Links zu Firmen reichen (sponsoring). Die Anzahl der Foren, die davon nicht betroffen sind, reduziert sich damit extrem.

2. Seit wann haben Gerichte Politik zu machen? Sie sollen recht sprechen. Aber das Hamburger Landgericht sagt "Wenn man nicht in der Lage ist, ein Forum zu kontrollieren, dann soll man es nicht betreiben." Anders ausgedrückt könnte man auch sagen "Öffentliche Veranstaltungen gehören Verboten, denn die Leute und ihre Meinungsbildung ist nicht zu kontrollieren". Ich halte diesen Eingriff - die ständige Kontrolle - als einen extremen Eingriff in die Meinungsfreiheit. Gut, die Politik kann das machen - halte ich zwar für nicht gut, aber sie dürfte. Das Gericht darf das aber nicht, denn es hat sich an aktuelle Gesetze zu halten. Und im Teledienstgesetz steht eben, dass man als Anbieter erst nach Kenntnis verantwortlich ist. Man ist nicht zur ständigen Kontrolle verpflichtet. Das Teledienstgesetz unterscheidet dabei nicht nach gewerblichen oder privaten Anbieter. Genau genommen darf es hier nämlich keinen Unterschied geben (schließlich ist heise eine eingetragene Firma und damit - wie normale Personen - eine juristische Person -> Gleichberechtigung).

Wurstbrot

LonelyPixel 15.04.2006 19:19

Du meinst also, die Richter haben hier klar gegen das Gesetz verstoßen und dürfen dann die Kosten der nächsten Instanz gleich mit tragen? :)

Coki 16.04.2006 17:48

Tja, und schon die ersten Reaktionen ... :(
http://forum.kriegshammer.info/vbull...ad.php?t=78950

Gruss,

Coki

Scotty 02.05.2006 18:03

Heute kommt in Plusminus auch ein bericht über Abmahnungen:

Zitat:

Falle Internet: Die dubiosen Geschäfte mit Abmahnungen

Ob kleiner Verstoß gegen Urheber- und Lizenzrechte oder ein Lapsus im Impressum – findige Kanzleien zocken naive Internet-Nutzer mit überzogenen Abmahnungsverfahren ab. Die Masche: Erschreckend hohe Forderungen mit fragwürdigen Streitwerten werden zu einem „wohlmeinenden“ Kompromiss runtergehandelt, den viele Betroffene dann zahlen, um möglichst schnell rauszukommen aus der Geschichte. Nicht zuletzt gehören viele Mittelständler zu den Geschädigten. Das Geschäft läuft so gut, dass mittlerweile rechte Abmahnungswellen rollen.
Vielleicht sollten wir uns das mal anschauen, ob es da auch um Forenabmahnungen geht weiß ich aber jetzt nicht, kann man nirgends nachlesen. Sehenswert ist Plusminus ja eh immer ;), mal schauen. Vielleicht wird’s ja endlich auch mal für die Presse ein interessantes Thema, denn solange das nicht der fall ist, machen ja die Politiker auch nichts (meistens jedenfalls).

Plusminus heute um 21.50 in der ARD.

Daniel Richter 02.05.2006 19:26

Sehr guter TV-Tipp. Danke dafür!

Björn 02.05.2006 19:29

Ich würds auch gern sehn, aber ich bin so alle, ich weiß nich ob ich das so lange durch halte.. Nimmt es zufällig wer auf und stellt es in Netz? Muss ja nicht für jeden zugänglich sein ;)

(falls dies nicht legal ist, bitte ignorieren hehe)

Tomek 02.05.2006 20:04

Ich nehme es auf und stelle es dann zur Verfügung.

MaMo 02.05.2006 21:06

Hallo,

habe es gerade gesehen. Es ging nur oberflächlich um Abmahnungen anhand von Beispielen. Dort ging es einmal um das Impressum und einmal um Bilder (bei Ebay). Von Foren(-Abmahnungen) war nicht die Rede.

MfG MaMo

Daniel Richter 02.05.2006 21:17

Ja ... das war nicht so toll. Das Bilderklau verboten ist wusste ich auch schon vorher. Und die Sache mit der Umsatzsteuernummer war nur en Beispiel wie dreist diese Abmahnungen durchgezogen werden. Schade, leider nix neues.


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