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TRS 03.04.2005 14:33

Unfall mit Kind direkt vor meinen Augen
 
Wie im Chat gerade angekündigt, war ich auf dem Weg zu unserer Putzfrau um ihren Computer zu reparieren. Ein wunderschöner, sonniger Tag und ich steh am auf dem Linksabbieger an einer Kreuzung und warte auf das grüne Licht für die Abbieger.

Direkt an der Ampel vor mir steht ein kleiner, schätzungsweise sechsjähriges Kind und sollte eigentlich bei roter Fussgängerampel sich nicht über die Straße trauen. Er schaut, und schaut und ich ich schüttel den Kopf damit er nicht losrennt. Er schaut wieder und wieder und er rennt los. Auto erfasst ihn und er fliegt 20 Meter durch die Luft.

Radio aus. 112. Name. Kind angefahren. Straße. Kreuzung. Warnblinkanlage an. Hin zum Kind, wo bereits ein Helfer war. Kind blutig, aber heulend. Gutes Zeichen - Immerhin nicht tot. Ratlosigkeit zwischen den Helfern.

Plötzlich ein Hinweis auf das andere Fahrzeug. Junge, 18 - 20 jährige Fahrerin mit ihrer Mutter. Tochter nicht ansprechbar und Mutter in Todesangst. Tochter wird rausgeholt und auf den Boden gelegt. Irgendwann später kommt sie zur Besinnung (falls man davon sprechen kann).

Erster Polizeiwagen kommt mit Krankenwagen. Ich sagen dem ersten Polizisten, dass die Fahrerin nicht ansprechbar ist und ein zweiter Krankenwagen wird gerufen. Zwei weitere Polizeiwagen sperren die Straße.

Ich fahr meinen Wagen vom Umfallort weg und hinterlasse noch beim Polizisten meine Kontaktdaten. Der Computer läßt sich nicht vor Ort reparieren und jetzt bin ich wieder hier.

Das war jetzt mal echt nicht nötig.

Boardster 03.04.2005 14:56

Junge, Junge... habe das Szenario bildlich vor Auge.

In diesen Situationen habe ich weniger Mitgefühl für die Opfer, sondern vielmehr für die Täter. Dieses passive sich ausgeliefert fühlen müssen, das quälende Gefühl der Mitschuld.

Auch wenn ich das von meiner Warte schlecht beurteilen kann, so bin ich mir ziemlich sicher, dass das Kind ohne größere Folgeschäden über die Runden kommt. Mein Cousin wurde mit 6 Jahren ebenfalls von einem Auto erfasst und spektakulär durch die Luft geschleudert. Er hat den Unfall gut überstanden.

Kinder müssen eine Horde von Schutzengeln haben. Jeder von uns kennt doch Erlebnisse aus der Kindheit, wo man sich fragt: "Wie konnte das nur gut gehen? Wieso ist mir da damals nichts passiert?"

TRS 03.04.2005 15:07

Ich hatte um ehrlich zu sein auch mehr Sorgen am die Fahrerin gemacht. Körperlich ging es ihr vermutlich gut, aber die psychologischen Folgeschäden können um so schlimmer sein nach solch einen Unfall. Die Fahrerin wird nach meinen Wissen die Schuld erhalten, da es sich um ein Kind gehandelt hat. Auch wenn sie keine Chance hatte es zu verhindern...

Gast 03.04.2005 16:10

Ich bin ja eigentlich der Meinung dass es kein Unterschied macht, wer verletzt ist, ob Erwachsener oder Kind. Beides traurig..

MrNase 03.04.2005 16:51

Habe gerade einen ähnlichen Unfall gesehen allerdings wurde da ein offensichtlich stark angetrunkener Mann Frontal erwischt.. Er lief seinem 'Unfallgegner' quasi direkt von vorne vors Auto. Ist aber nicht viel passiert weil der Fahrer bremsen konnte und der Mann 'nur' über die Motorhaube geschleudert wurde und nahezu unverletzt blieb.


Was ist heute bloss los? Ist es das Wetter?! Ich habe auch gerade arg merkwürdige Menschen gesehen.. Einer hat die Linksabbiegerspur zum Überholen genutzt, ein anderer ist mit schätzungsweise 120 an mir vorbeigerast um die nachfolgende Ampel voll bei rot zu überqueren.. Krank :(

Da kann ich ja nur von Glück reden, dass mein Auto nicht läuft und ich nicht Teil des gefährlichen Mikrokosmos bin ;)

utopia 04.04.2005 20:31

Sollte jetzt bald 10 Jahre her sein..

Ich stehe im Bus, vor mir ein Typ mittleren Alters.
Er steigt aus, ich hinterher und denke mir "der taumelt ja seltsam".
Wir sind auf der rechten Straßenseite. Er voran, ich hinterher mit keinem Meter Abstand. Scheinbar hatten wir das gleiche Ziel. Links von uns fließender Verkehr mit ca. 50-60 km/h, die Abstände der Wagen recht kurz, sodass man sagen kann: alle 2,3 Sekunden ein Auto.

Urplötzlich meint der Typ vor mir, einfach nach links einzuschlagen.
Ich schau instinktiv nach hinten, sehe ein Auto, will ihn vorne Packen, ohne es zu können.

Das Auto erwischt ihn voll in die Beine. Er macht eine Drehung nach links, knallt mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe und prallt seltsamer Weise nach vorne ab.

Jetzt das Makabere: Er fliegt in die Luft nach vorn und ich laufe ihm gleichzeitig hinterher. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Er landet genau auf den Kopf.

Ich hin, drehe ihn, sehe dass er nicht atmet, drehe ihn zurück und öffne seinen Mund ... Blut schwallt aus seinem Mund, sein Körper zappelt - aber er atmet wieder und hat scheinbar keine gravierenden Defekte an der W-Säule, sowie nen Betonschädel. Die ganze Zeit halte ich ihn so. Ein paar Minuten später ist schon der Krankenwagen da und die Sanis nehmen ihn mir ab.

Ich zur Polizei: ich kenn den, fragt mich nicht woher. ... und deute darauf hin, dass die aus der Realität entrissene und völlig apathische Fahrerin keine Schuld träfe.

Ich komme nach Hause. Meine Mum und meine Schwester machen die Tür auf.
Die Schreien. Meine Schwester hatte meine heutige Frau am Tel. und schrie: Andy ist überall voller Blut.. Erst darauf nahm ich es auch wahr.

Das Beste kommt ein paar Stunden später. Es klingelt. Die Nachbarin ist an der Tür.
Sie wollte wissen, was mit ihrem Mann passiert ist (jetzt wusste ich auch, woher ich ihn kannte). Ich schilderte ihr den Fall und sagte ihr auch, dass er allein Schuld sei, da besoffen. Tja.. nun machte sie kehrt und sagte nix mehr *g*. Der Typ selbst kam nur mit ein paar blauen Flecken davon. Da ist die Autofahrerin sicher "bestrafter" gewesen wegen dieses saufenden Spinners.

In der Krankenpflege habe ich einiges gesehen, was mit Menschen so alles passieren kann, ob Polytrauma post "Sturz aus der 5. Etage" oder sonstwas und solange es um Erwachsene ging, war ich recht gefühlskalt und funktionierte einfach nur.

Meine emotionale Grenze ist eindeutig bei Kindern erreicht.
Bei Erwachsenen machte ich es mir einfach und dachte mir "er hat schon gelebt".
Ein Freund von mir hängte nach einem Brand im Kinderheim seinen Rettungssani an den Nagel.

Man kann leicht sagen, es bestehe kein Unterschied zwischen einem erwachsenen und einem kindlichen Opfer. Wer etwas ähnliches erlebt, wird schnell vom Gegenteil übermannt.


Den surrealsten Moment erlebte ich, als eine häusliche Patientin (damals um die 70 Jahre alt) versuchte, mich zum Werkzeug ihres Suizidversuchs zu machen.


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